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20.06.2007 - Opferzahlen von Flößberg müssen erneut nach oben korrigiert werden

Lange Zeit ging man davon aus, dass insgesamt 168 Häftlinge im Flößberger Lager ihren Tod fanden. Durch mehrjährige Recherchen im Archiv des KZ Buchenwald konnte Wolfgang Heidrich, Mitglied der Geschichtswerkstatt Flößberg, namentlich 194 Opfer ermitteln. Nun erhielten wir neue Unterlagen, welche die Opferzahlen noch einmal nach oben treiben. Wie viele Menschen tatsächlich in Flößberg ihren Tod fanden, wird wohl nie abschließend geklärt werden können.

Die Opfer des Flößberger Lagers sind weitverstreut zur Ruhe gebettet worden. Vier verschiedene Ruhestätten der Flößberger Lagertoten sind bekannt. Hatte man zunächst im Januar 1945 siebenundzwanzig Tote des Lagers nach Leipzig zur Einäscherung gebracht, werden die Toten des Februar mit Häftlingstransporten nach Buchenwald rücktransportiert. Auch hier erfolgt die Kremierung der Verstorbenen. Insgesamt werden mindestens 72 Opfer nach Buchenwald überführt. Im März ändert sich erneut der Umgang mit den täglichen Todesfällen. Ab sofort werden die Lagertoten in mehreren Massengräbern im Flößberger Wald peripher zum Lager verscharrt. Diese Praxis wird bis zur Evakuierung des Lagers am 13.April 1945 beibehalten.

Als man nach der Besetzung die Massengräber entdeckt, werden im Rahmen einer öffentlichen Trauerfeier 98 tote Häftlinge nach Borna umgebettet. Die US-Militärregierung in Borna zwingt hierzu lokale Nazigrößen die Leichen zu bergen und neu zu bestatten. 

Dass auch in Flößberg ein Häftlingsfriedhof angelegt worden war, hatten wir durch langandauernde Recherchen in verschiedenen Archiven bereits herausfinden können. Nun erhielten wir wichtige Unterlagen, welche über die Anlage des Flößberger Friedhofs informiert. Darunter befindet sich auch ein Entwurf zur gärtnerischen Ausgestaltung des Häftlingsfriedhofs von 1946. Dort ist die Lage von 38 Einzelgräbern auf dem Mahnmalgelände genau markiert.

Zählt man die Opferzahlen zusammen (27 in Leipzig, 72 in Buchenwald, 98 in Borna und 38 in Flößberg) kommt man auf eine Gesamtzahl von 235 Häftlingen, die in Flößberg starben. Mindestens 235 Opfer, denn Unterlagen des Archivs Buchenwald deuten daraufhin, dass weitere 17 Häftlinge vermutlich in Flößberg starben. Zudem ist unklar, ob auch tatsächlich alle Opfer im Flößberger Wald geborgen worden sind. 

Wie Wolfgang Heidrich in seinem Beitrag "Tod im Lager Flößberg" im aktuellen Museumsheft "Das Jahr 1945 in Borna" (Schriftenreihe des Museums der Stadt Borna /Geschichtsvereins Borna e.V.) darlegt, sind von 575 als arbeitsunfähig eingestufte Häftlinge weitere 226 Häftlinge unmittelbar nach ihrer Rückankunft in Buchenwald gestorben. Mit hoher Wahrscheinlichkeit sind sie dort sämtlich ermordet worden. 

Noch nicht berücksichtigt sind die Häftlinge, die während des zweiwöchigen Evakuierungstransports nach Mauthausen verstarben. Nach Einschätzung des Überlebenden Bernard Steif sind hierbei noch einmal vier- bis fünfhundert Häftlinge von Flößberg gestorben. Vorsichtig geschätzt haben von den 1904 Häftlingen, die in Flößberg waren, mindestens die Hälfte nicht mehr das unmittelbar bevorstehende Kriegsende erlebt.

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