27.07.2009 - Öffentliche Stellungnahme der Geschichtswerkstatt Flößberg e.V. zur Entscheidung des Frohburger Stadtrates vom 23.07.2009 für die Umbettung der Flößberger KZ-Opfer nach Borna

Am Donnerstag, den 23.07.2009 hat der Stadtrat Frohburg entgegen massiver Bedenken der Geschichtswerkstatt Flößberg e.V. mehrheitlich für die Schließung des Häftlingsfriedhofs in Flößberg gestimmt. Dieser Vorgang hat die bisherige Gedenkstättenarbeit des Vereins hinfällig gemacht. Der Vorstand der Geschichtswerkstatt Flößberg e.V. nimmt hierzu wie folgt öffentlich Stellung:  

Rückzug aus der Gedenkstättenarbeit, aber Fortsetzung der Erinnerungsarbeit

Die Geschichtswerkstatt Flößberg wird sich aus dem Projekt zur Errichtung einer Gedenkstätte für die Opfer des KZ Flößberg zurückziehen. Sie wird sich künftig nur noch auf die im Rahmen der Vereinsarbeit möglichen Aufgaben und umsetzbaren Ziele konzentrieren, wo ihre Arbeit nicht der Willkür kommunaler Entscheidungen ausgesetzt ist.

Damit zieht der Verein seine Konsequenzen aus dem Stadtratsbeschluss vom 23. Juli 2009 bezüglich der Umbettung der Toten aus dem Flößberger Wald in die Bornaer Lobstädter Straße. Für dieses Verfahren hatte sich die Mehrheit der Abgeordneten ausgesprochen. Die Möglichkeit, den Tagesordnungspunkt zu verschieben, um einen gemeinsamen Ausweg zu suchen, wurde nicht eingeräumt. Damit hätten sich auch die gerade frisch vereidigten Abgeordneten, die bis dato nicht mit dem Thema vertraut waren, eine alle Seiten berücksichtigende Meinung bilden können, die ihre Entscheidungsfindung nachvollziehbar gemacht hätte. Doch stattdessen bleibt das Bild, der Stadtrat habe diesen unliebsamen Tagesordnungspunkt möglichst schnell ad acta legen wollen, und das nicht nur für diesen Abend.

Mit dem Stadtratsbeschluss, die ehemaligen Häftlinge umzubetten, wurde an diesem Abend auch die langjährige Arbeit der Geschichtswerkstatt und ihrer Kooperationspartner zunichte gemacht. Die Entwürfe der Architekturstudenten für einen Erinnerungsort in Flößberg sind nunmehr hinfällig. Sie alle entstanden in dem Bewusstsein, dass der Friedhof den letzten authentischen Ort bildet, der an das Lager erinnert. 'Spuren aufzeigen und sichtbar machen', so lautete das Credo des das Projekt betreuenden Architekturprofessors Harald Stricker von der Hochschule für Technik, Wirtschaft und Kultur (HTWK) Leipzig. Der Stadtrat Frohburg hingegen ist bestrebt, die letzten wenigen Spuren für immer zu beseitigen.

Besonders schmerzhaft ist in diesem Zusammenhang die Tatsache, dass aus rein ökonomischen Gründen für die Umbettung gestimmt wurde. Menschliche Schicksale wurden konsequent ausgeblendet. Das Recht auf Totenruhe fand keine Erwähnung. Aus moralischer Sicht hat der Stadtrat eine historische Chance vertan, offen und konstruktiv mit dem Thema umzugehen und dabei insbesondere die Opfer in den Blick zu nehmen. Mit dem Verschwinden des Friedhofs geht auch der Ort der Andacht unwiederbringlich verloren. Damit wird ein nicht unwesentlicher Schritt in Richtung Tabuisierung getan.

Jahrelang zeigte die damals verantwortliche Gemeinde Eulatal kein Interesse am Friedhof (ganz zu schweigen vom fehlenden Interesse an der Wiederkenntlichmachung des Lagergeländes). Nun knüpft die Stadt Frohburg an diese zweifelhafte 'Tradition' an, indem sie sich mit der Umbettung einer lästigen und unliebsamen Aufgabe entledigt.

Hier sind der Geschichtswerkstatt Flößberg leider die Hände gebunden. Doch im Rahmen der ihr zur Verfügung stehenden Handlungsspielräume wird sie sich weiterhin für das Erinnern an die Opfer des KZ Flößberg engagieren. Der Verein wird auch künftig die Gedenkarbeit fortsetzen, speziell im Bereich der Recherchen zur Aufarbeitung der Lagergeschichte, im Bereich der Jugend- und Bildungsarbeit sowie im Austausch mit Überlebenden.

Es scheint paradox, dass die kommunale Entscheidung für die Umbettung nur wenige Wochen nach der Podiumsdiskussion „Erinnern an den Holocaust – aber wie?“ gefällt wurde. In dieser von der Geschichtswerkstatt und Weiterdenken e.V. organisierten Veranstaltung, die im Rahmen der 8. Jüdischen Woche Leipzig stattfand, wurden konkret mögliche Erinnerungsformen für Flößberg diskutiert, die nun nicht mehr realisiert werden können.

siehe auch: Warum die Geschichtswerkstatt Flößberg die Umbettung ablehnt

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